Ein kleines, gemütliches Zelt einer Wahrsagerin am Stadtrand von Washington DC... -----------------------------------------------------------------------------------------------------------
Etwas unsicher betrat Diana das schlichte Zelt. Eigentlich hielt sie nicht viel von Wahrsagen für Geld und Horoskopen, aber irgendwie war sie neugierig und konnte eine Ablenkung gebrauchen. Nervös sah sie sich um. Sie hatte erwartet, einen großen Tisch, kitschige Tücher und eine aufgedonnerte Frau in knallbunter Kleidung und extrreem stark geschminkt vorzufinden. Stattdessen war hier alles eher schlicht eingerichtet, die Innenausstattung war in warmen, aber dezenten und irgendwie beruhigenden Farben gewählt. Zwar stand in der Mitte auch ein Tisch, aber er war ganz schmucklos. Ein normaler Schreibtisch. Auf ihm stand nichts, keine Kristallkugel, keine seltsamen Gerätschaften, gar nichts. Unter ihm war eine Schublade. Diana rüttelte dran, doch sie war abgeschlossen, oder ging zumindest nicht auf. Irritiert schaute sie sich um. Ein leichter, angenehmer Patchuli-Duft verbreitete sich, doch nur ganz schwach, nicht stark. Durch den Zelteingang kam eine Frau.
"Kommen Sie immer einfach so in fremde Wohnungen ohne Anzuklopfen und versuchen anderer Leute Schubladen zu öffnen?", meinte Esme Haug, die Besitzerin des Zeltes, und warf Diana einen vorwurfsvollen Blick zu. Sie schritt langsam auf sie zu und nahm auf ihrem Drehstuhl hinter dem Schreibtisch platz. "Da bin ich ja mal froh, dass ich ihre Anwesenheit erfühlt habe, sonst hätten Sie mich womöglich noch bestohlen." Ein Grinsen breitete sich über ihr volles Gesicht aus. Die langen, schwarzen Haare fielen ihr über die Schulter. "Warum setzten Sie sich nicht und erzählen mir, was Sie hier wollen?"
"Ich, ähm... ja." Diana setzte sich auf den ihr angebotenen Stuhl. "Normal ist es doch so, dass *Sie* mir etwas erzählen, oder?", fragte Diana und deutete auf die Preisliste. Sie war schon ein bisschen nervös.
Die Dame setzte sich auf den von Esme angebotenen Stuhl. "Natürlich erzähle ich Ihnen gerne etwas. Aber natürlich nur gegen eine kleine Gebühr. Entschuldigen Sie meine Frage, aber ich mag es nicht, wenn jemand unaufgefordert mein Zelt betritt.Sie sah der jungen Frau in die Augen und überlegte was sie wohl von ihr verlangen würde. Natürlich würde der ein oder andere denken, dass sie sich diese Frage selbst beantworten könnte. Doch Esme konnte nur in die Zukunft schauen oder eben wahrsagen, wenn sie ganz bestimmte Zeremonien durchführte. "Ich würde Ihnen einen Kaffee anbieten, wenn ich noch einen hätte. Aber vielleicht möchten Sie auch einfach einen Tee haben?"Sie nahm einen kleinen Wasserkocher und füllte ihn auf. Eigentlich trank Esme nur Tee und das hatte auch bestimmte Gründe.
"Ja, gerne.", antwortete Diana etwas verwirrt, weil Esme ja schon dabei war, ihn ihr zuzubereiten. Dankbar nahm sie die Tasse des zweiten Aufgusses entgegen, die Esme ihr reichte, und roch an dem heißen, weißen Tee. Vorsichtig probierte sie einen Schluck und spürte sogleich seine Wirkung. "Was für eine Gebühr verlangen Sie denn?"
Esme schenkte sich selbst eine Tasse von ihrem heiß geliebten Tee ein. Sie setzte sich der Dame gegenüber. "Nun, das finanzielle wird im Anschluss geklärt. Es kommt auch immer auf den Ausgang der ... Geschichte an." Sie legte ihre Ellenbogen auf den Schreibtisch ab, faltete ihre Hände und sah Diana tief in die Augen. "Zuerst müssen Sie mir genau sagen, was sie wissen möchten."